Mein tropischer Wintergarten

So um 1980 fing ich durch einen Zufallskauf an, mich für Orchideen zu interessieren: Eine riesengroße Cymbidiumhybride überzeugte mich, das die Pflege auch von Menschen durchgeführt werden konnte, die nicht mit einem grünen Daumen geboren sind. Wie es das Schicksal will lief ich einige Monate später am schönen alten Esslinger Rathaus, einem viele hundert Jahre alten Fachwerkbau (sehenswert!) vorbei, in dem gerade eine Ausstellung der Landesgruppe Württemberg der Deutschen Orchideen Gesellschaft (DOG) stattfand. Vor dem imposanten Eingang sass ein junger Mann der auf einer Kiste einige afrikanische Orchideen "aus Platznot" zum Verkauf anbot (Heute ist er bei Inssidern als Spezialist für afrikanische Orchideen über Württemberg hinaus bekannt).

Mit dem Kauf einiger weiterer Orchideen unterschiedlicher Art hatte ich dann plötzlich bereits ein Orchideenfenster! Aber ich hatte bei meinem Kauf auch einige empfindlichere Pflanzen gekauft, die mit den Bedingungen hier nicht mehr so gut zurecht kamen, insbesondere weil ich oft 14 oder mehr Stunden nicht im Haus war und somit entweder immer zuviel oder zuwenig Schatten herrschte - je nach Wechsel der Wetterlage. Also griff ich zu Hammer und Säge und teilte etwa 2 qm meiner überdachten Terrasse ab, die zu einer Vitrine umgebaut wurden, in der ich das Klima besser beeinflussen konnte.

Ergebnis: Die ständig zunehmende Pflanzenzahl verführte mich zum Bau eines kleinen Gewächshauses mit drei Abteilungen: Kühl, temperiert und warm. Nun konnte ich fast allen Ansprüchen meiner Lieblinge gerecht werden, aber meine Freunde und meine Familie fanden es wenig schön, daß ich mich immer im Gewächshaus verkroch, ganz schlecht fanden sie aber, daß man von der Blütenpracht so wenig sehen konnte...

Anfänger, laßt Euch dies eine Warnung sein !

Nur acht Jahre nach dem Kauf meiner ersten Pflanze war mein Gewächshaus schon zu klein, außerdem war der Ehrgeiz erwacht, denn inzwischen hatte ich bei Ausstellungen und Bewertungen der DOG einige nette Auszeichnungen erzielt. Den Vorwand für den nächsten Schritt hatten mir Freunde und Familie ja bereit geliefert, also beschloß ich nicht nur unsere überdachte Terrasse zu verglasen, sondern gleich noch den Bereich vor dem Wohnzimmerfemster mit einzubeziehen, damit man die Pflanzen auch aus der Wohnung heraus bewundern konnte. Und hier beginnt die

Geschichte des Regenwaldes im Wintergarten

Regale und Stellagen wollte ich nicht, also luchste ich unserem Förster die Krone einer frisch gefällten Scheinakazie ab, zerlegte sie mit Hilfe eines Freundes (und einer Kettensäge) in "handliche Teile" (wir mußten für den Transport mittels Traktor kurzfristig die Dorfstraße sperren) und baute das ganze dann, auf das erzwungenermaßen rechte Maß zusammengestutzt in meinem neuen Wintergarten wieder zusammen, um meinen Orchideen den richtigen "Stammplatz" einzurichten. Im laufe der Jahre hat sich viel geändert: Nur wenige Äste der Akazie haben überlebt, an ihre Stelle traten ein künstlicher "Baum" aus PVC-Rohren mit einer Ummantelung aus Moos, aber auch echte Gummibäume und ein Frangipani (Lontom, lat. Plumeria); auf dem sich nun Dendrobium- und Oncidienhybriden wohlfühlen, leider aber auch die Schildläuse, die von dieser saftreichen Pflanze offensichtlich magisch angezogen werden.

Reisen in den Urwald von Thailand, in die Sümpfe von Georgia und Florida und nach Costa Rica haben mir geholfen, mehr Verständnis für die Lebensbedingungen tropischer Orchideen zu entwickeln. Aber über die Jahre veränderten sich auch meine Interessen:

Ein Großteil meiner Freizeit wurde dem Aufbau eines lokalen Internetvereins gewidmet, und die ehrenamtliche Betreuung mehrerer Gemeinden, Schulen und Vereine bei der Gestaltung ihrer Webseiten ließ das Orchideenhobby zeitweise sehr in den Hintergrund treten. Daraus aber ergaben sich neue Anforderungen an die Pflege:

© Manfred P. Stolle