Diese Anleitung kann nur eine grobe Hilfestellung bilden, wenn Sie sich vielleicht vom Zauber einer Orchidee in einem Gartencenter oder Baumarkt verführen liessen, oder so eine herrliche Pflanze geschenkt bekamen. Wenn Sie sich intensiv mit dem Thema befassen wollen empfehle ich Ihnen ein gutes Fachbuch oder die Mitgliedschaft in einem Orchideenverein!
Um eine Orchidee richtig pflegen zu können, sollte man grundlegende Kenntnisse über ihre natürlichen Lebensbedingungen haben, deshalb gibt es vor den Pflegetips erst einmal ein wenig Theorie:
Die Orchideen umfassen eine der größten Pflanzenfamilien der Welt:
Orchideen gibt es vom hohen Norden (Kanada, Skandinavien, Sibirien) über die Tropen bis in den tiefen Süden ( Chile, Neuseeland)
Es gibt aber einige grobe Einteilungen, die dem Laien helfen können, die gröbsten Fehler zu vermeiden. Selbstverständlich gibt es dabei gelegentlich verwirrende Überschneidungen (Eine Pflanze, die in den Tropen auf 3.500m Höhe am Kilimandscharo, in den Anden oder dem Himalaya wächst, will im eigentlichen Sinne keine tropischen Bedingungen, aber unglaublich viel Licht):
Entsprechend unterteilen passionierte Orchideen - Gärtner ihre Gewächshäuser meist in 3 Zonen, in denen sie durch unterschiedliche Heizung, Belüftung, Luftbefeuchtung und Schattierung versuchen die klimatischen Voraussetzungen für ihre Lieblinge zu schaffen....
oder sie beschränken sich auf Pflanzen aus einer oder zwei der oben beschriebenen Klimazonen:-). Auch über die "Höhenlage" im Gewächshaus kann man - in gewissen Grenzen - dem Wärmebedarf Rechnung tragen: Die "Wärmebedürftigen" kommen nach oben, die "coolen Typen" auf die unteren Stellagen.
Ach ja - damit Sie sich nicht entmutigen lassen: Neben meterhohen "Monstern" gibt es auch traumhafte Miniaturen, von denen man hunderte in einer kleinen Vitrine halten kann.
Noch eine Anmerkung zur "Ruhezeit": Manche Orchideen benötigen eine Ruhezeit - mehr oder weniger ausgedehnt. Inforrmationen dazu vom Verkäufer oder aus der Literatur. Ein erster Anhaltspunkt ist der Pflanzenbau. Pflanzen mit ausgedehnten Bulben (die zwiebelartigen Verdickungen) speichern in diesen Bulben Feuchtigkeit -meist kann man daraus schliessen das sie an eine Ruhezeit gewöhnt sind. Orchideen ohne Bulben, wie z.B. die Phalaenopsis sind eher auf regelmäßige Flüssigkeitszufuhr angewiesen - ausgeprägte Trockenzeiten überstehen sie meist nicht.
Bei richtiger Pflege können die meisten Orchideen viele Jahrzehnte alt werden (mit Ausnahmen), die Gewächshäuser in der ehemaligen DDR waren dafür ein gutes Beispiel, denn bedingt durch den Devisenmangel und fehlende Reisemöglichkeiten wurden hier teilweise sehr alte Pflanzen erhalten und durch einfache Teilung weitervermehrt. Es gibt Berichte über einzelne Pflanzen aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, die auch bei der Wende 1989 noch in excellentem Zustand waren
Viele Orchideen mögen zwar hohe Luftfeuchtigkeit, aber keine Staunässe; viele benötigen zur Blüteninduktion sogar ausgeprägte Trockenzeiten. Ständig nasse Wurzeln in einem schlecht belüfteten Pflanztopf führen zunächst zum Verfaulen der Wurzeln und dann zum Verkümmern der gesamten Pflanze.
Unter normalen Umständen reicht es, wenn man seine Pflanzen einmal wöchentlich mit dem Topf kurz in (warmes, sh. nächster Abschnitt) Wasser taucht und sie danach gut abtropfen lässt. Der Topf darf nicht in einem "Fußbad" stehen!
Unser Leitungswasser ist im Allgemeinen zu hart und kalkhaltig, epiphytisch wachsende Orchideen leben aber in der Natur vom Regenwasser, das praktisch kalkfrei ist. (Ausnahme: Einige terrestrische Orchideen wachsen slebst in stark kalkhaltigen Böden, z.B. Orchis auf der Schwäbischen Alb und manche Frauenschuhe wie Paphiopedilum, Cypripedilum). Es sollte, von Notfällen abgesehen, also sauberes Regenwasser oder aufbereitetes Leitungswasser verwendet werden.
Ausserdem: Tropischer Regen ist warm! Manche Orchideen mögen durchaus Gießwasser von 25 - 30° Celsius! Kaltes Wasser (mehrere Grad unter der empfohleen Umgebungstemperatur der Pflanze) erhöht die Fäulnisgefahr.
In der Natur kommen die meisten Orchiddeen mit sehr wenig Nährstoffen aus, dem entsprechend kann man ihnen auch durch falsche Düngung ein schnelles Ende bereiten. Wie schon erwähnt, mögen die Meisten keinen Kalk, das zweite große Problem bildet Salz, das in den meisten normalen Blumendüngern im Überflusss enthalten ist. Spezialisten mischen sich ihre Orchideendünger, angepasst an ihre Pflanzen, oft selbst, der Anfänger sollte als Hauptregel zu einem speziellen Orchideenflüssigdünger greifen und diesen eher sparsam anwenden. Verwendet man normale Blumendünger wie sie für Balkönpflanzen üblich sind, reicht ein Viertel der auf der Verpackung angegebenen Menge, Im Sommer alle 14 Tage, im Winter höchstens monatlich angewandt.
Im Zweifel gilt: Weniger ist Mehr!
Manche für den schnellen Gelderwerb gezüchteten Hybriden sind allerdings ihrem nätürlichem Lebensstil stark entwöhnt und reagieren auf Hunger nach Dünger mit einem baldigen verkümmern. Das merkt man bei stetiger Beobachtung aber meist rechtzeitig: Scheint sich die ganze Pflanze zurückzuentwickeln? Das kann an fehlendem Dünger liegen. In diesem Fall sollte sehr vorsichtig wieder mehr gedüngt werden. Mehr dazu im Abschnitt "Krankenpflege"
Terrestrisch lebende Orchideen haben sehr unterschiedliche Anforderungen an den Boden, in dem sie leben, von den kalkliebenden in Teilen unserer Alpen oder dem Jura (Schwäbische Alb) bis zu den kalkfeindlichen in Sümpfen und Mooren ist alles vertreten. Eines ist ihnen allen gemein: Sie lieben nährstoffarme Böden, weshalb sie auf den meisten unserer überdüngten Wiesen auch ausgestorben sind. Hier unterliegen sie auch dem Verdrängungswettbewerb der "Futterpflanzen" wie Löwenzahn....
Bei diesen Pflanzen hilft also das Wissen über den natürlichen Standort, um zur richtigen "Bodenkultur" zu finden.
Epiphyten kommen sowohl auf blankem, nacktem Gestein oder auf Ästen mit glatter Rinde (ähnlich unserer heimischen Buche) vor, wenn durch regelmäßige Niederschläge die Versorgung mit Wasser aus der Luft gewährleistet ist, oder in der Gemeinschaft mit anderen aufsitzenden Pflanzen (Bromelien, Farne, Moose)auf Bäumen mit kräftig strukturierter Rinde. Hier strecken sie ihre Wurzeln gelegentlich auch in eine wassergefüllte Astgabel oder den Trichter einer Bromelie, um einfach an ihr "Manna" zu kommen.
Dementsprechend erwarten sie immer viel Luft und möglichst auch Licht an ihren Wurzeln. Was sie nicht erwarten: Daß sie dem Substrat direkt Nährstoffe entnehmen können. ( Die holen sie sich aus dem Regenwasser). Wenn Ihr Blumenhändler Ihnen also eine Pflanze verkauft, die in grobem Rindenbruch, Styroporschnipseln, Steinwolle oder sonstigen ungewöhnlichen Pflanzstoffen wächst, dann geschieht das, um den hohen Luftaustausch zu ermöglichen.
Merke: Eine epiphytisch wachsende Orchidee braucht keine Erde - der Topf und der Pflanzstoff dient nur dazu, sie am Umfallen zu hindern. Bei der Blockkultur wird ganz auf Gefäße verzichtet, die Pflanze wird vielmehr auf einem Trägermedium aufgebunden (Farnwurzelblöcke, Korkeichenrinde, Styropor, Weinreben, Akazienzweige und Anderes). Siehe hierzu das Beispiel. Hinweis: Eichenrinde ist leider absolut ungeeignet, da die darin enthaltene Gerbsäure schnell zu Wurzelschäden führt.
Übrigens: Niemals die Spitzen gesunder Wurzeln zurückschneiden, auch wenn sie "meilenweit" aus dem Topf herausragen. Dies kann zum schnellen Tod jedes Epiphyten führen!
Trockene Heizungsluft ist für fast alle Pflanzen eine wahre Folter, für Orchideen ist sie auf Dauer tödlich!
Möglichst hohe Luftfeuchtigkeit aber auch Luftbewegung. Häufiges Sprühen (mit kalkfreiem Wasser) ist hier eine große Hilfe! Es gibt auch spezielle Untersetzer im Fachhandel, die ein größeres Wasservolumen aufnehmen und durch dessen Verdunstung für erhöhte Luftfeuchtigkeit in der unmittelbaren Umgebung der Pflanze sorgen.
Stehende Luft führt übrigens auch zur Bildung von Schimmel und Pilzen, die den gesamten Pflanzenbestand ruinieren können. Wenn also durch natürliche Belüftung keine ausreichende Luftbewegung möglich ist, dann empfiehlt sich ein Ventilator, ggf. überr eine Schaltuhr in Intervallen betrieben.
Hinweis: Obwohl ich das Folgende aus eigener Erfahrung nicht bestätigen kann, möchte ich hier eine Warnung weitergeben, die man in der Fachliteratur immer wieder antrifft: Das Besprühen der Pflanzen am Abend kann zu erhöhter Fäulnis führen, wenn die Wassertropfen über Nacht auf den Blättern, insbes. in den Blattachseln stehen bleiben. Dies widerspricht auch meinen Beobachtungen im tropischen Regenwald, wo es häufig kurz vor der Abenddämmerung noch zu heftigen Schauern und Gewittern kommt. Richtig ist auf jeden Fall, daß Wassertropfen auf einer Blüte durch die Bildung dunkler Flecken in einer Nacht die gesamte schöne Blüte ruinieren können!
Die meisten Orchideen werden vom Handel heute in Kunststofftöpfen verkauft. Dies ist sicher auch der optimale Kompromiss, denn sie sind leicht, platzsparend zu lagern und preiswert. Je nach den eigenen Gegebenheiten kann es aber bessere Lösungen geben, insbesondere wenn die "elterliche Verantwortung" einen inneren Zwang zu häufigem Giessen bewirkt:-).
Die folgende Tabelle vergleicht mögliche Alternativen:
Pflanzgefäß | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|
Standard - Kunststofftopf | haltbar leicht preiswert Bei Siebboden relativ gute Durchlüftung | Substrat trocknet schlecht aus leicht = Kippgefahr |
Standard - Tontopf | Standfest Preiswert trocknet bei Ruhezeit besser aus | Verdunstungskälte Veralgung |
Kunststoff - Gittertopf | Preiswert gute Durchlüftung | Durchwurzelung (Wurzeln wachsen nach außen) bedingt Topfverlust beim Umpflanzen (muss zerschnitten werden) |
Teichpflanzengefäß | gute Durchlüftung sehr stabil (kann aufgehängt werden ohne auszureissen) | wie Kunststoff - Gittertopf teuer! |
Orchideenkorb (Holz) | Für Epiphyten optimal | Verrottung tropft nach Tauchbad lange nach (Fensterbankkultur?) teuer |
Orchideenkorb (Kunststoff) Wiederverwendbar | Für Epiphyten optimal | Tropft nach Tauchbad nicht nach wenn Auffangwanne eingebaut teuer |
Kokosfaser - Ampel für große Schaupflanzen | Für Epiphyten optimal | Verrottung tropft nach Tauchbad lange nach (Fensterbankkultur?) Durchwurzelung: Muss beim Teilen der Pflaze zerschnitten werden teuer |
Gießtopf (Ein hartgebranntes, dünnwandiges Tongefäß) | Pflanze wächst außen am Topf Gute Feuchtekontrolle | Nur für relativ kleine Pflanzen Aufhängungen fragil Bruchanfällig teuer wenig Bezugsquellen (meist Handarbeit) |
Für epiphytisch wachsende Orchideen gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, eigene Pflanzgefäße zu bauen - siehe dazu das oben genannte Beispiel, bei dem eine Phalaenopsis auf dem Rest eines alten Möbelstückes wächst. Mehrere übereinendergezogene Nylonstrümpfe, gefüllt mit einer Mischung aus Torf und Styroporschnipseln, dienen mir seit über 10 Jahren als Unterlage für eine Miltonia. Den ganzen "Strumpfbaum" tauche ich von Zeit zu Zeit komplett ins Regenfass, damit sich das Torfgemisch wieder richtig mit Wasser sättigt.
Die im Blumenhandel angebotenen Standardmischungen der Pflanzsubstrate sind die sicherste und einfachste Lösung und helfen, Fehler bei der Materialauswahl zu vermeiden. Trotzdem möchte ich nachfolgend ein paar Sonderfälle erwähnen, die für den ambitionierten Amateur interessant sein können:
Pflanzstoff | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|
Styroporschnipsel | Sehr preiswert kein "Vergiessen" möglich Pflanzstoff trocknet schnell ab Nährstoffe und Salze reichern sich nicht an Unverrottbar | Unnatürliches Aussehen Leicht - dadurch Töpfe wenig standfest tägliches Gießen erforderlich |
Steinwolle | Preiswert Verrottungsfest Läßt Ungeziefer (Schnecken, Asseln) keine Chance | Unnatürliches Aussehen Hält Feuchtigkeit sehr lange, Schwierig wenn Trockenzeit erforderlich |
Der Umgang mit Steinwolle ist nicht immer angenehm - sie "piekt und kratzt". Deshalb sind Versuche mit den Alternativen Schaumstoffschnipsel oder Dralonwatte denkbar. Sie haben die gleichen Vor- und Nachteile wie Steinwolle. Weil sie nicht "pieksen und kratzen" wehren sie allerdings auch Ungeziefer nicht so gut ab.